Elektrik und HCS
Unmittelbar nach der erfolgreichen Aufstellung unseres Hauses kam dann unser großer Auftritt. Unser neues Heim sollte ja eine gewisse Intelligenz besitzen, die vorbereitenden Arbeiten in Form der Entwicklung der Haussteuerung (HCS = Home Control System) gehen auf den Anfang des Jahres 2008 zurück. Seit Oktober 2012 war dann die „heiße Phase“ aktiv, in welcher ich das Material zusammenstellte und die Schaltschränke gebaut hatte, seit Ende 2012 warteten diese bereits fertig verdrahtet und gut verpackt im Keller auf ihren Einsatz im neuen Heim.
Bereits 4 Wochen vor der Aufstellung des Hauses waren uns die genauen Termine ja bekannt, und so begann ich mit der Koordination der Termine mit der S.A.G., welche die Hausanschlüsse herstellt. Da am 11.3.2013 das Haus gestellt wurde, musste zu diesem Zeitpunkt eine ausreichende Stromversorgung gewährleistet sein. Während das Kellerteam mit einer ganz normalen, einphasigen Versorgung auskam, welche uns dankenswerterweise der Nachbar bereitstellte und uns somit den Baustromanschluß ersparte, war für die Hausstellung ein „richtiger“ Anschluß inklusive Drehstrom erforderlich. Für Donnerstag, den 7.3.2013 war nun die Herstellung der Hausanschlüsse terminiert, am Freitag den 8. März die Verfüllung der Baugrube – viel Spielraum für Probleme gab es nicht. Aber es hat alles wunderbar geklappt; Strom-, Telefon- und Wasserleitung fanden termingenau den Weg in den Keller und so konnte ich am Samstag, den 9.3. den ersten Schaltschrank (Zählerschrank mit den Steuerelementen für die Schaltung der Einspeisung und der Notversorgung) im Roh-Keller anbringen.
Was uns handwerklich erwartete, war uns zu dieser Zeit noch nicht ganz klar. In konventioneller Bauweise hatte ich das Ganze ja bereits gemacht, aber ein Fertighaus ist etwas ganz anderes. Die Kabel müssen ja von der Position der diversen Dosen – und davon hatte ich reichlich geplant – durch(!) die Wand hauptsächlich zur Decke gezogen werden, um dort dann den Weg zu der jeweiligen intelligenten Geschossverteilung zu finden. Theoretisch klar, praktisch interessant wenn man es noch nie gemacht hat. Zum Glück gab mir der Stelltrupp hier wertvolle Hinweise und einen Kati-Blitz zum Einziehen der Leitungen sowie ein Bosch PMF-190E (unerlässlich zum Ausschneiden der „Dreiecke“ für den Übergang zur Decke) hatte ich wohlweislich schon im Vorfeld gekauft.
Am zweiten Tag der Hausstellung legten wir dann los. In allen Etagen hängten Claudia und ich die Unterverteilungen sowie die 19″-Wandverteiler im EG und DG auf (wer schon einmal einen voll belegten 288-Platzeinheiten-Schrank an die Wand gewuchtet hat, kann sich vorstellen, dass das ordentlich in die Knochen geht) und fingen mit dem Legen der „Backbones“ an. Vom Keller über das Erdgeschoss bis ins Obergeschoss sorgt ein 5x10mm2-Kabel für die nötige Energie, hinzu kommt eine weitere Versorgung für die Technik an sich, die über eine unterbrechungsfreie Stromversorgung läuft, die IP-Ethernet-Backbones sowie die Zuführungen für den „konventionellen“ (nicht-IP-basierten) Teil der Telefontechnik. Als wir am dritten Tag mit den Vorbereitungen für unser Richtfest begannen, hatten wir diese Arbeiten so weit abgeschlossen und die verschiedenen Verteilerschränke „sprachen“ bereits miteinander. Ein provisorischer Router verband die Technik über eine 3G-Verbindung und VPN mit dem Heimnetz zu Hause, so konnte ich in den nächsten Tagen die Schaltlogik der jeweils gelegten Leitungen gleich Abends zu Hause noch programmieren und erhielt bereits Störmeldungen, sollte etwas schief laufen.
Als der Stelltrupp dann nach dem Richtfest abreiste, lief der Countdown. Zwei Wochen hatte ich für das Bohren und Setzen der winddichten Dosen und das Verlegen der Leitungen mit Anschließen in den Verteilerschränken eingeplant, danach reist der Stelltrupp wieder an und verschließt die Decken. Die Fingerhaus-Elektriker erledigen das in drei Tagen, aber eine „normale“ Hauselektrik kommt mit 10-15 Stromkreisen vom (einzigen) Verteilerschrank und ein paar Netzwerkdosen aus; ich hatte insgesamt über 250(!) geschaltete Stromkreise, fast genau so viele Eingänge (Taster, Sensoren etc.) und 43 Netzwerkanschlüsse vor mir liegen. Ein paar SAT-Dosen sind da schon schmückendes Beiwerk …
Im Akkord ging es dann an das Bohren der Löcher für die Dosen – inklusive der ersten Erkenntnisse, mit denen man nicht gerechnet hatte. Die eigens bestellte, teure „Kaiser“-Bohrkrone für 50 Euro gab bereits nach dem Wohnzimmer stumpf ihren Geist auf. Da investiert man in augenscheinlich „vernünftiges“ Werkzeug mit Auswurffeder und „Randabsenkung“ für viel Geld – und dann das. Die hochgerechneten 400 Euro an weiteren Kronen für das Resthaus habe ich dann doch nicht eingesehen, also ging es mal eben schnell in den nahegelegenen Obi und eine 17-Euro-Bohrkrone fand den Weg in den Einkaufswagen. Davon konnte ich wenigstens die eine oder andere verschleißen. Das wirklich interessante: Diese eine Baumarkt-Krone verrichtete ihre Arbeit problemlos für das ganze Haus 😉
Nachdem alle Wände ausreichend durchlöchert waren, begann die eigentliche Teamarbeit. Zuerst schnitt ich oberhalb der Dosenebene unter der Decke mit dem PMF ein „Doppeldreieck“ aus. Die Rigips-Platte etwas größer, die darunterliegende Werkstoffplatte etwas kleiner. Zusammen zogen wir das (bzw. die) jeweilige(n) Kabel per Kati-Blitz von der Dose aus hoch zur Decke, von wo aus es Claudia zum jeweiligen Verteiler legte (hierbei bekam das Wort „Datenautobahn“, welches Claudia für die Kabeltrassen in der Decke verwendete, gleich eine neue Bedeutung). Ich verschloss derweil das ausgeschnittene Doppeldreieck wieder, wobei bei den Außenwänden die Dampfsperre auch wieder mit dem guten, grünen „Siga Rissan“ abgedichtet werden musste (das Zeug klebt wirklich „wie Sau“). Spätestens nach 4-5 Kabeln legte ich diese im Verteilerschrank dann direkt auf und testete die Stromkreise, während Claudia sich kurzfristig anderen Arbeiten widmen konnte.
Das Ganze klingt nicht schwer und nach dem erste Tag hat man so langsam auch den Dreh raus … dafür kann man „Dreiecke“ und Co nach wenigen Tagen wirklich nicht mehr sehen. Vom Rigips trocknen die Fingerkuppen, die man bei elektrischen Arbeiten doch permanent braucht, völlig aus und schmerzen nach der ersten Woche unerträglich. Dann halten einen Nettigkeiten, wie die „aufgefütterte“ Wand im Gäste-WC beim Durchziehen der Kabel für die Fassadenbeleuchtung auf, weil auch der längste Schlangenbohrer hier nicht lang genug ist, und man in bester Tunnelbauermanier von zwei Seiten aus bohren muss.
Erschwert wurden die Arbeiten dann auch noch von den außergewöhnlich niedrigen Temperaturen von um die -10° in diesem März. Zumindest war man im Haus vor dem eisigen Wind geschützt, aber natürlich gab es noch keine Heizung.
Die Zeit saß uns immer mehr im Nacken, und als gegen Mitte der zweiten Woche unser Bauleiter erschien und uns grinsend fragte, ob wir gerne noch eine weitere Woche Zeit haben wollten, waren wir mehr als dankbar. Zwar hatten wir keinen Urlaub mehr in der „Verlängerungswoche“ und somit wurden schon fast „Nachtschichten“ gefahren, aber am Wochenende der dritten Woche wurden wir, gerade rechtzeitig, mit dem Verlegen fertig. Zusammen mit der Netzwerkverkabelung, Sicherheitseinrichtungen und Stromleitungen hatten wir einige Kilometer Kabel durch das Haus gezogen, über 200 Dosenlöcher gebohrt und fast 100 „Dreiecke“ ausgeschnitten und wieder verschlossen. Eine Heidenarbeit, die sich aber später jeden einzelnen Tag durch Komfort und Sicherheit bezahlt macht …